Im Wintersemester 2025/26 startet erneut die kostenlose Vortragsreihe „Allgemeine Homöopathie“. An vier Abenden geben renommierte Expert:innen aus Forschung und Praxis fundierte Einblicke in Prinzipien, Möglichkeiten und aktuelle Entwicklungen der Homöopathie in Praxis und Forschung. Die Vorträge richten sich speziell an Tier-/Ärzt:innen, Pharmazeut:innen und Studierende und finden online jeweils von 17:00 bis 19:00 Uhr statt.

Im Vorfeld haben wir mit den Referent:innen gesprochen: In kurzen Interviews berichten sie von ihrem beruflichen Alltag, ihrer Motivation und ihren Erwartungen an die Vortragsreihe.

Geschichte & Prinzipien der Homöopathie, Arzneimittelzulassung/-registrierung/-herstellung
Referentinnen: Dr. med. vet. Barbara Wieser, Mag. pharm. Dr. Astrid Obmann

Dr. Barbara Wieser ist seit 2015 Fachtierärztin für Homöopathie und hat bereits während ihres Studiums mit der Ausbildung begonnen. Mit ihrer Erfahrung in Kleintier- und Pferdepraxen in mehreren europäischen Ländern steht sie für eine integrative Herangehensweise, die Homöopathie und konventionelle Medizin verbindet. In der Vortragsreihe widmet sie sich gemeinsam mit Mag. pharm. Dr. Astrid Obmann den Grundlagen, Prinzipien und der Geschichte der Homöopathie sowie der Arzneimittelzulassung, -registrierung und -herstellung homöopathischer Arzneimittel.

Stellen Sie sich bitte in kurzen Worten selbst vor?

Dr. med. vet. Barbara Wieser: „Ich bin im Studium durch eine Mitstudentin auf die Homöopathie aufmerksam geworden und konnte damals in einem sehr fördernden, offenen Umfeld auf der VetMedUni Wien zuerst ein Wahlfach über Grundlagen und Herstellung und in weiterer Folge ein ganze zweite Ausbildung neben dem Veterinärmedizinstudium machen, die Kurse fanden in Semester- und Osterferien statt. Gleichzeitig hat der Vater meines Partners, auch Tierarzt, eine Ausbildung für Homöopathie bei Nutztieren gestartet.

In seiner Praxis machte ich die ersten Versuche und hatte gleich eindrückliche Ergebnisse. Mein erster Patient war ein mit mehreren Antibiotika vorbehandeltes und austherapiertes Kaninchen mit schwerer Lungenentzündung, welches durch Bryonia alba C200 sich innerhalb von 2 Tagen um 95% verbesserte, sodass es nach Hause konnte und ausheilte. Da dachte ich, da muss ich dranbleiben.”

Wie gelingt es Ihnen, Homöopathie in die tägliche Praxis von Kleintieren und Pferden zu integrieren?

Dr. med. vet. Barbara Wieser: „Ich habe seit dem Studium in mehreren Praxen in Österreich, Belgien und in England gearbeitet und mich 2021 selbstständig gemacht. Dabei habe ich Homöopathie immer in den Praxisalltag integriert. In unserer Kleintierpraxis machen wir viel Diagnostik, operieren, machen Zahnbehandlungen … – wie in jeder Praxis, sehen aber auch Notfälle wie z.B Multitrauma nach Autounfällen. Wenn ich denke, dass Homöopathie für den Patienten die geeignetste Methode ist, empfehle ich dies dem Besitzer und habe eigentlich immer eine positive Resonanz. Dadurch habe ich weit gestreute Erfahrung mit verschiedensten Krankheitsbildern und akuten Notfällen sammeln können.

Homöopathie ist eine Erfahrungsmedizin, mit jedem Patienten lerne ich dazu und entdecke noch immer neue Indikationen und Arzneimittel. Die Wirksamkeit überrascht mich jedes Mal aufs Neue. Vor 3 Wochen hatten wir ein 8 Wochen altes Katzenbaby mit Meningitis/Enzephalitissymptomen. Es war ein heißer Tag im August, das Katzenbaby lag in Seitenlage im Koma, die Prognose war schlecht. Es atmete sehr schnell, wie wenn ihm zu heiß wäre. Ich gab ihm Apis C30 Globuli ins Maul und das Hecheln hörte auf, nach 1 Stunde begann es wieder – nach nochmaliger Gabe beruhigte sich die Atmung wieder. Ich wechselte auf Apis C200 und das Baby begann sich umzusehen und ein paar Stunden später konnte es gehen, es war aber mehr ein Drangwandern, eine nochmalige Gabe, und die Kollegin berichtete am nächsten Morgen, dass es komplett fit die Gitterstäbe vom Käfig raufkletterte. Videos zu dem Fall und wie es weiterging, zeige ich in der Vortragsreihe.”

Was würden Sie sich im Sinne der Homöopathie wünschen?

Dr. med. vet. Barbara Wieser: „Ich würde mir wieder die Offenheit der 2000er Jahre wünschen. Die Kollegen und Kolleginnen, die damals mit mir studiert haben, sind noch immer genauso offen. Auch wenn sie sich nicht auf Homöopathie spezialisiert haben, überweisen sie bei Bedarf und diffamieren die Methode und die Kollegen, die sich diese lange Spezialausbildung antun, nicht.

Die von mehreren Seiten beeinflussten Medien haben die öffentliche Meinung zu Homöopathie geschädigt, aber die Patientenbesitzer sind sehr positiv eingestellt und dankbar, wenn sie wen finden, der sich auskennt. Gerade bei den Landwirtinnen aber auch vielen Kleintierbesitzern/innen gibt es viele mit ausgedehntem Wissen in der Anwendung bei alltäglichen Kleinigkeiten, bei schwierigen Krankheitsbildern brauchen sie aber einen Tierarzt mit einer fundierten Ausbildung in Homöopathie als Partner. Ich wünsche mir, dass die Neugier mit dem neuen Rektorat wieder Platz hat auf der VetMedUni Wien.”

Sie haben für die kostenfreie Vortragsreihe einen Vortrag zur Geschichte und den Prinzipien der Homöopathie vorbereitet – was darf man hier erwarten?

Dr. med. vet. Barbara Wieser: „Ich mag den Vortrag über die Geschichte sehr, ich habe meine Facharbeit für den Fachtierarzt für Homöopathie über die Entwicklung der Veterinärhomöopathie im deutschsprachigen Raum geschrieben und viel Interessantes dazu recherchiert. Man sieht, wie viele verschiedene Forscher schon in der Frühzeit diese Methode als Team weiterentwickelt haben, nicht Hahnemann alleine. Bei den Prinzipien gehen wir die wichtigsten Grundregeln durch und sehen anhand der geschichtlichen Zusammenhänge, wie die Forscher auf die Prinzipien der Homöopathie gestoßen sind.

Wo sehen Sie die wichtigsten Lehren aus der Geschichte der Homöopathie für die heutige Zeit?

Dr. med. vet. Barbara Wieser: „Ich finde die vielen Fake News über Homöopathie und das Nichterkennen können dieser Fake News durch erfahrene Journalisten beunruhigend, weil das wahrscheinlich bei vielen anderen Themen genauso ist. Die Geschichte hat aber gezeigt, dass sich die Methode trotzdem immer weiter durchsetzt, eben weil sie sehr gut funktioniert, wissenschaftlich erklärbar, erlernbar und wiederholbar ist und nichts mit Wundern oder Placebo zu tun hat.”

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag in Sachen Homöopathie aus – welche spannenden Projekte betreuen Sie derzeit?

Dr. med. vet. Barbara Wieser: „Neben meiner Praxis engagiere ich mich im Vorstand der ÖGVH, betreue zusammen mit Fachtierarzt Mag. Michael Ridler und Dr. Desiree Prokop den monatlichen Online Arbeitskreis, wo homöopathisch arbeitende Praktiker Fälle diskutieren, und organisiere den dreijährigen Diplomlehrgang für Veterinärhomöopathie (DLVH) der ÖGVH und den Tag der Integrativen Methoden an der VetMedUni Wien. Außerdem sitze ich in der Fachtierärztekommission und bereite auch Interessierte auf die Fachtierarztprüfung vor.

Langweilig wird mir nicht, aber ich mach‘s gern!”

Anamnese, Repertorisation, Arzneimittelverschreibung, Salutogenese, Pathogenese, Integrativmedizin
Referentinnen: Dr. med. vet. Barbara Wieser, Dr. med. vet. Petra Weiermayer

Dr. med. vet. Petra Weiermayer ist als Fachtierärztin für Homöopathie im Großraum Wien als integrativmedizinisch arbeitende Pferdetierärztin tätig. Seit vielen Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich für die Homöopathie, leitet die Österreichische Gesellschaft für Veterinärmedizinische Homöopathie (ÖGVH) sowie die Sektion Forschung von WissHom (Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie) und ist international stark vernetzt. Zudem war sie im Rahmen eines Forschungsprojekts 2 Jahre an der Veterinärmedizinischen Universität Wien und ist nun als Gastwissenschafterin am Medizinischen Department der Universität Witten/Herdecke tätig. In der Vortragsreihe wird sie sich insbesondere den Themen Anamnese, Repertorisation und Integrativmedizin widmen.

Stellen Sie sich bitte in kurzen Worten selbst vor?

Dr. med. vet. Petra Weiermayer: „Ich bin mit Herz und Seele Pferdetierärztin und dankbar mit Homöopathie, Phytotherapie und Orthomolekularmedizin zur konventionellen Medizin zusätzliche Behandlungsmöglichkeiten für meine Patienten bieten zu können. Zudem bin ich mit Leidenschaft in der universitären Forschung in Sachen Homöopathie/Integrativmedizin tätig. Mein Alltag ist vielfältig.”

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag in Sachen Homöopathie aus – welche spannenden Projekte betreuen Sie derzeit?

Dr. med. vet. Petra Weiermayer: „Ich darf tagtäglich meinen Patienten zur Seite stehen und mich auch immer wieder über Erfolge wie Heilungen akuter Erkrankungen, wie einem Bienenstich ins Augenlid (Fotodokumentation über 12 Stunden) oder chronischer Krankheiten wie wiederkehrender Hornhutentzündungen freuen, wobei natürlich auch immer wieder fordernde Fälle manchmal auch nur in Teamarbeit mit Pferdekliniken oder auch mit Humanmedizinerinnen zu lösen sind. Andere spannende Projekte waren und sind im Bereich der universitären Forschung zu betreuen, wie z.B. die eben erschienene Veröffentlichung zu unserer Umfrage unter österreichischen Tierärztinnen zu Komplementärmedizin in der tierärztlichen Praxis aufzeigt (Seite 38 der aktuellen Vetjournal Ausgabe: https://www.tieraerzteverlag.at/vetjournal/aktuelle-ausgabe).

Was würden Sie sich im Sinne der Homöopathie wünschen?

Dr. med. vet. Petra Weiermayer: „Noch deutlich mehr universitäre, objektive, Ergebnis-offene Forschungsteams aus Expertinnen der konventionell medizinischen und der Homöopathie-Forschung. Ich freue mich sehr aktuell Teil solcher Teams sein zu dürfen.”

Sie haben für die kostenfreie Vortragsreihe einen Vortrag zu Anamnese, Repertorisation und Integrativmedizin vorbereitet – was dürfen die Teilnehmer:innen erwarten?

Dr. med. vet. Petra Weiermayer: „Meine Vorstandskollegin Dr. Barbara Wieser wird zu den Themen Anamnese und Repertorisation vortragen und ich möchte die Vorteile und Möglichkeiten der Integrativmedizin aufzeigen, die jedem Tierarzt/jeder Tierärztin offen stehen und die es im Sinne von One Health, unser aller Gesundheit zu nutzen gilt. Ich werden auch unsere Fragebogenstudie vorstellen, die aufzeigt, dass 83,7 % der Tierärztinnen von Tierhalterinnen nach Komplementärmedizin gefragt werden.”

Wie steht es im Moment rund um die Integrativmedizin?

Dr. med. vet. Petra Weiermayer: „Die Entwicklungen laufen zurzeit im Sinne unserer Patienten. Die Traditional Medicine Strategy der Weltgesundheitsorganisation fordert klar, die fundierte universitäre Ausbildung und Forschung im Bereich der Komplementärmedizin und die Aufnahme in die nationalen Gesundheitssysteme.

Unsere Fragebogenstudie ergab im Zuge der Erhebung zur universitären Lehre an human- und veterinärmedizinischen Universitäten in Österreich, Deutschland und der Schweiz, dass an gesamt 52 Universitäten 9 Lehrstühle für Komplementärmedizin bzw. ihre Teildisziplinen eingerichtet sind und in Deutschland 31 Professuren für Komplementärmedizin, in Österreich und der Schweiz jeweils 3. Ich denke die Entwicklungen gehen langsam aber stetig in die richtige Richtung, nicht zuletzt auch, da dies im Sinne von unser aller Gesundheit dringend nötig ist.”

Welche Rolle spielt die internationale Zusammenarbeit für Ihre Arbeit und die Weiterentwicklung der Homöopathie?

Dr. med. vet. Petra Weiermayer: „Teamwork ist wie in (fast) allen Bereichen der einzige Weg, in diesem Sinne ist die internationale Zusammenarbeit für die Weiterentwicklung der täglichen Praxis von jedem/jeder sowie der universitären Lehre und Forschung im Bereich der Homöopathie entscheidend. Besonders wichtig erscheint für mich die Bereichs-übergreifende Zusammenarbeit von Human-, Veterinärmedizinerinnen, Pharmazeutinnen, Physikerinnen, Bio-/Chemikerinnen, Agrarwissenschafterinnen, Statistikerinnen, Patientinnen uvm.!”

Heilungsverlauf, Möglichkeiten, Grenzen, Case Reports
Referentinnen: Mag. med. vet. Claudia Frei-Freuis, Dr. med. vet. Petra Weiermayer

Mag. med. vet. Claudia Frei-Freuis arbeitet seit vielen Jahren als Tierärztin in einer Gemischtpraxis in Vorarlberg. Sie ist ausgebildete Homöopathin, Referentin in landwirtschaftlichen Fortbildungen und absolviert derzeit eine Zusatzausbildung in Osteopathie. Ihre Schwerpunkte liegen in der ganzheitlichen Tierbeobachtung sowie integrativen Behandlungsansätzen. In der Vortragsreihe zeigt sie anhand von Fallbeispielen die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Homöopathie auf.

Stellen Sie sich bitte in kurzen Worten selbst vor?

Mag. med. vet. Claudia Frei-Freuis: „Ich arbeite seit 2007 in Gemischtpraxen in der Schweiz und in Österreich. Seit 2019 bin ich selbstständig tätig und 2023 haben drei Tierarztkollegen und ich die VillaVet in Alberschwende gegründet. Dort betreuen wir Kleintiere, Geflügel und Nutztiere. Die Homöopathie begleitet mich seit 2011 nach meiner postgraduellen Ausbildung bei der EAVH und danach kamen noch Zusatzausbildungen in Akupunktur, Neuraltherapie und Osteopathie dazu.”

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag in Sachen Homöopathie aus – welche spannenden Projekte betreuen Sie derzeit?

Mag. med. vet. Claudia Frei-Freuis: „Die homöopathische Arbeit begleitet mich beinahe täglich bei meiner klinischen Arbeit in der Kleintierordination und auch in der Fahrpraxis bei den Landwirten. Es ist eine wertvolle, additive Behandlungsmöglichkeit, speziell auch im Biobereich, die eine große Bereicherung im Arbeitsalltag dar stellt.”

Was würden Sie sich im Sinne der Homöopathie wünschen?

Mag. med. vet. Claudia Frei-Freuis: „Ich würde mir wünschen, dass es mehr wissenschaftliche Arbeiten und Studien vor allem von Seiten der Universitäten in diese Richtung gibt, denn es gäbe sehr viele Indikationen, wo die homöopathische Behandlung sehr gut anwendbar wäre, gerade auch im Nutztierbereich im Sinne einer Reduktion der Antibiotika.”

Sie haben für die kostenfreie Vortragsreihe einen Vortrag über Heilungsverläufe und Fallbeispiele vorbereitet – was dürfen die Teilnehmer:innen erwarten?

Mag. med. vet. Claudia Frei-Freuis: „Wir werden uns über Einsatzmöglichkeiten der Homöopathie in der Rinderpraxis unterhalten und wo und warum wir im Alltag an die Grenzen einer homöopathischen Behandlung stoßen. Weiters thematisieren wir eine ganzheitliche Tierbeobachtung und ich zeige Fallbeispiele aus meiner alltäglichen Rinderpraxis.”

Wo sehen Sie die Grenzen, aber auch die besonderen Möglichkeiten der Homöopathie in der tierärztlichen Praxis?

Mag. med. vet. Claudia Frei-Freuis: „Jeder Patient, jeder Fall muss individuell beurteilt werden, welche Behandlungsmethode am schnellsten und effektivsten eine Besserung des Zustandes des Patienten bringt. Die Einsatzmöglichkeiten einer homöopathischen Behandlung sind sehr vielschichtig, vom prophylaktischen/metaphylaktischen Einsatz angefangen über akute und chronische Erkrankungen ist alles möglich. Grenzen im Alltag gibt es zum Beispiel nur Zeitmangel oder zu wenig Informationen über die Patienten, das werden wir in der Vortragsreihe aber genauer thematisieren.”

Wie hat Ihre Erfahrung in der Arbeit mit landwirtschaftlichen Fortbildungen und Wiederkäuern Ihr Verständnis von Homöopathie geprägt?

Mag. med. vet. Claudia Frei-Freuis: „Eine ganzheitliche Beobachtung der Tiere ist ein wichtiger und wesentlicher Bestandteil, um erfolgreich homöopathisch therapieren zu können, also nicht nur die übliche konventionelle Untersuchung wie sie jeder kennt, sondern auch Feinheiten und Veränderungen, z.B. im Verhalten der Tiere, sehen zu können und gegebenenfalls frühzeitig zu reagieren. Dafür müssen auch die Landwirt:innen ein geschultes Auge bekommen und darauf sensibilisiert werden. Die Kommunikation und der Austausch mit Mensch und Tier in den letzten Jahren, der „über den Tellerrand“ hinaus geht, empfinde ich als sehr bereichernd und motivierend in der alltäglichen Arbeit.”

Grundlagenforschung & klinische Forschung in der Homöopathie
Referenten: Prof. Dr. Stephan Baumgartner, Dr. med. vet. Petra Weiermayer

Prof. Dr. Stephan Baumgartner ist Physiker und seit 2019 stellvertretender Direktor des Instituts für Komplementäre und Integrative Medizin der Universität Bern. Er habilitierte 2013 an der Universität Witten/Herdecke und wurde 2022 zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Er gilt als einer der führenden Forscher auf dem Gebiet der Grundlagenforschung zur Homöopathie. Seine wissenschaftliche Arbeit konzentriert sich auf die naturwissenschaftliche Evaluation integrativmedizinischer Verfahren, insbesondere im Bereich der Grundlagenforschung zur Homöopathie. In der Vortragsreihe wird er gemeinsam mit Dr. Petra Weiermayer aktuelle Forschungsergebnisse vorstellen.

Stellen Sie sich bitte in kurzen Worten selbst vor?

Prof. Dr. Stephan Baumgartner: „Ich habe an der Universität Basel Physik studiert und anschließend an der ETH Zürich im Bereich Umweltwissenschaften promoviert. Bald danach eröffnete sich mir die Möglichkeit, am Institut für Komplementäre und Integrative Medizin der Universität Bern mit der Grundlagenforschung zur Homöopathie zu beginnen, um so der Frage auf den Grund gehen zu können, was beim Potenzieren passiert – eine Forschungsfrage, die mich schon jahrelang fasziniert hatte und der ich nun über 30 Jahre treu geblieben bin …”

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag in Sachen Homöopathie aus – welche spannenden Projekte betreuen Sie derzeit?

Prof. Dr. Stephan Baumgartner: „Mit einer Vielzahl von Mitarbeitenden, Doktorierenden und Post-Docs, versuche ich, das Wirkprinzip homöopathischer Arzneimittel zu entschlüsseln – mittels physikalischer Untersuchungen und Bioassays. Darüber hinaus führen wir auch systematische Übersichtsarbeiten in der klinischen und Grundlagenforschung durch. Kürzlich haben wir auch mit klinischen Studien im Bereich der Humanmedizin begonnen.”

Was würden Sie sich im Sinne der Homöopathie wünschen?

Prof. Dr. Stephan Baumgartner: „Dass es uns bald gelingt, das Wirkprinzip der Homöopathie zu entschlüsseln. In meiner Wahrnehmung ist das fehlende Verständnis, wie homöopathische Arzneimittel wirken, das Haupthindernis in der Akzeptanz der Möglichkeiten dieser Therapieform.”

Sie haben für die kostenfreie Vortragsreihe einen Vortrag zu Grundlagen- und klinischer Forschung vorbereitet – was dürfen die Teilnehmer:innen erwarten?

Prof. Dr. Stephan Baumgartner: „Ich möchte den Teilnehmenden einen Überblick über meine wesentlichen Erkenntnisse aus 30 Jahren Grundlagenforschung zur Homöopathie geben und die aktuellen Hypothesen zum Wirkprinzip vorstellen, an denen wir im Moment arbeiten.”

Wie steht es derzeit rund um die Grundlagenforschung in der Homöopathie?

Prof. Dr. Stephan Baumgartner: „Die Grundlagenforschung hat in meiner Wahrnehmung in den letzten 10–20 Jahren sehr grosse Fortschritte gemacht. Verschiedene Labormodelle wurden entwickelt, in denen eine Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel gegenüber Placebo reproduzierbar beobachtet wurde.”

Welche Entwicklungen in der wissenschaftlichen Forschung halten Sie für die kommenden Jahre für besonders entscheidend?

Prof. Dr. Stephan Baumgartner: „Neben der Grundlagenforschung zur Entschlüsselung des Wirkprinzips ist es aus meiner Sicht entscheidend, dasjenige adäquat wissenschaftlich abzubilden, was die Homöopathie in der Praxis jeden Tag leistet. Dies wollen wir mit sogenannten Beobachtungsstudien erfassen. Darüber hinaus sind qualitative Studien zum Patientenerleben einer homöopathischen Therapie entscheidend, um die Besonderheiten dieser Therapie noch genauer zu erfassen. Und zu guter Letzt sind die Initiativen, das Potential der Homöopathie im Bereich von One Health auszuloten, sehr wichtig – d.h. was die Homöopathie in einem umfassenden Sinn für die Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze und damit des ganzen Planeten Erde leisten kann.”

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